Entstehung, Struktur und Funktion von Tonmineralen
Tonminerale sind wasserhaltige Aluminiumsilikate. Sie entstehen als Neubildungen bei der Verwitterung von silikathaltigem Gestein wie Glimmer und Feldspat (s. „Chemische Verwitterung“). Tonminerale entsprechen in ihrem grundsätzlichen Kristallaufbau und den Struktur-Bausteinen den Glimmern (s. „Glimmer“):
- Tonminerale sind Schicht- oder Blatt-Silikate (Phyllo-Silikate). Die Schichten bestehen entweder aus Tetraedern mit Si4+ -Ionen im Zentrum, die in Sechsring-Konfiguration über Sauerstoff-Brücken verbunden sind, oder aus Oktaedern mit Al3+ -Ionen, teilweise auch Mg2+ - oder Fe2+ -Ionen im Zentrum.
- Die Tetraederschicht und die Oktaederschicht werden über Sauerstoffbrücken miteinander verbunden. Erfolgt ein Verbund von jeweils einer dieser Schichten, entsteht ein Zweischicht- oder 1:1-Tonmineral, z.B. Kaolinit. Wird eine Oktaederschicht zwischen zwei Tetraederschichten eingebunden, handelt es sich um ein Dreischicht- oder 2:1-Tonmineral, z.B. Illit.
- In der Tetraederschicht, z.T. auch in der Oktaederschicht können höherwertige durch niederwertige Ionen ersetzt werden, z.B Si4+ durch Al3+ oder Al3+ durch Fe2+. Dadurch entsteht in der Schichtstruktur ein negativer Ladungsüberschuss, eine Schichtladung. Da sich dabei nur die Ladung, aber nicht die Struktur ändert, spricht man von einem isomorphen Ersatz (s. "Grafik Feldspat").
- Um den negativen Ladungsüberschuss auszugleichen, werden an die Schichtstruktur freie Kationen wie K+ angebunden. Über diese positiven Ionen wird bei 2:1 -Tonmineralen auch die nächste Dreifachschicht angebunden, so dass durch positiv geladenen Zwischenschichten ein Stapel von negativ geladenen Dreischicht-Blättchen zusammengehalten wird.
- Bei 2:1-Tonmineralen kann an der Zwischenschicht ein Ionen-Austausch durch andere, meist hydratisierte Kationen, durch die dipolaren Wassermoleküle selbst oder gelöste geladene organische Substanz erfolgen. Durch die Art der Zwischenschicht werden die Eigenschaften der verschiedenen Tonminerale mitbestimmt.
In den mitteleuropäischen Lössböden treten Tonminerale der Illit-Gruppe und der Smercit-Gruppe, besonders der Montmorillonit, als Produkte der Glimmer- und Feldspat-Verwitterung häufig auf. Die Struktur des Illits ist der des Glimmers sehr ähnlich (s. Abbildung 19 links). Allerdings werden beim Illit im Vergleich zum Glimmer die Dreifach-Schichtblättchen durch eine geringere Zahl von K+-Ionen und somit weniger stark zusammengehalten. Deshalb kann es im humiden Klima an den Rändern der Schichtstapel durch H2O-Angriff zur Aufweitung zwischen den Schichtblättchen kommen (s. Abbildung 19 rechts), Dadurch wird der Austausch der K+ -Ionen durch andere Kationen in der Bodenlösung wie Na+, Ca2+ und Mg2+ zunehmend begünstigt. Damit stellt der Illit im Boden die Haupt-K+ -Quelle für die Pflanzenernährung dar. Schließlich kann der ehemalige Illit durch hydratisierte Kationen und weitere H2O-Schichten vollständig aufgeweitet und sein Zwischenschicht-Abstand doppelt so groß werden wie beim Illit. Es entsteht ein anderes Tonmineral, ein Smercit, mit neuen Eigenschaften (nach BLUM 2012):
- Der Illit weist einen hohen negativen Ladungsüberschuss, eine nur randliche Aufweitbarkeit zwischen den Dreifachschichten, keine Quellfähigkeit, ein geringes Wasserhaltevermögen, eine geringe Plastizität und ein mäßig hohes Adsorptionsvermögen auf.
- Ein Smercit wie der Montmorillonit weist einen mäßig hohen negativen Ladungsüberschuss, eine sehr hohe Aufweitbarkeit zwischen den Dreifachschichten, eine sehr hohe Quellfähigkeit, ein extrem hohes Wasserhaltevermögen, eine sehr hohe Plastizität und ein sehr hohes Adsorptionsvermögen auf.
Im Boden sind oft Tonmineral- Stapel zu finden, die aus Schichten unterschiedlicher Tonminerale in regelmäßiger oder unregelmäßiger Abfolge bestehen, z.B. Illit- und Smectit-Schichten. Man spricht dann von Wechsellagerungsmineralen.
Die Ladungseigenschaften von Tonmineralen im Oberboden sind von entscheidender Bedeutung für die Nährstoff-Versorgung der Pflanzen. Es werden dadurch vor allem Kationen an den inneren und äußeren Oberflächen gebunden, vor Auswaschung geschützt und somit gespeichert. Durch Ionenaustausch sind sie dann für die Pflanzenwurzel erreichbar. Von ökologischer Bedeutung sind Na+, K+, NH4+, Mg2+, Ca2+, Al3+, welche mehr als 90 % des Ionengehalts (JASMUND/LAGALY 1993) im Boden ausmachen (s. "Kationen-Gehalt"). Durch Tonminerale werden im Oberboden durch die Luft eingetragene Schwermetall-Ionen wie Pb2+, Zn2+, Cu2+ , Ni2+ und Cd2+ gebunden, welche auch im Oberboden der Bodenprofile im Rumbecker Holz in geringer Konzentration nachweisbar sind.